185 Jahre Jelmoli und noch kein bisschen müde, die Welt immer wieder ein wenig neu zu erfinden. 2020 Aufbruch zu neuen Ufern. Ein Gespräch mit CEO Franco Savastano über die Zukunft von Jelmoli
Frank Joss: 185 Jahre Jelmoli, wohl ein guter Moment, auch einen Blick in die Zukunft zu werfen. Philosophisch betrachtet meint das: «Wer nicht an die Zukunft denkt, der wird bald grosse Sorgen haben;» frei nach Konfuzius. Kann man davon ausgehen, dass Franco Savastano, hinsichtlich der Zukunftsgestaltung von Jelmoli nicht von allzu grossen Sorgen geplagt wird. Richtig?
Franco Savastano: Bei der Begrifflichkeit «Zukunft» spielt das eigene Kopfkino auch immer ein wenig mit. Konkreter: Im Jahr 2020 zieht Jelmoli ein im «The Circle» am Flughafen Zürich. Damit sind natürlich auch Bürden verbunden und wo Bürden sind, sind halt auch Sorgen.
Was verheisst denn der Schritt nach Zürich Nord?
Es bedeutet, neben dem Jelmoli an der Bahnhofstrasse, noch ein zweites Standbein zu haben. «The Circle» ist aktuell, inhaltlich wie monetär betrachtet, das grösste Bauprojekt der Schweiz. Es geht um ein Investment, das weit über einer Milliarde Schweizer Franken liegt. Im gigantischen Habitat wird das Universitätsspital Zürich ein medizinisches Zentrum einrichten, die Flughafenverwaltung installiert hier ihre Büros, hinzu kommen Hotels im 4/5-Sternebereich, einige Restaurants und der Einzelhandel mit Läden unterschiedlicher Art. Es wird quasi ein neuer Stadtteil für KIoten und für den nördlichen Grossraum von Zürich. Das lokale und internationale Publikum werden sich im «The Circle» künftig ein Stelldichein geben. Allerdings, Wohnungen sind im Projekt nicht vorgesehen. Das Beste aber kommt noch: 20 Kilometer lang werden die Flanierwege, die den Park in der Entourage des «The Circle» durchziehen.
Was hat Jelmoli angetrieben, im «The Circle» Platz zu nehmen?
Bedeutungsvollen Entscheidungen geht ja meistens eine minutiös ausgearbeitete Machbarkeitsstudie voraus. Diese hat uns klar aufgezeichnet, am Flughafen Zürich ein hohes Potential und damit auch grosse Chancen zu haben, Neukunden zu gewinnen. Hier am Tor zur Welt und in einer dicht besiedelten Agglomeration von Zürich rechnen wir damit, einen «neuen» Kunden in unserem Landen begrüssen zu können. Wir machen auch das Kalkül mit Leuten, die am Anfang oder am Ende einer Reise stehen und wir erhoffen uns, ein Publikum anzutreffen aus Glarus, Zug, Luzern, Schwyz, Nid- und Obwalden; Leute, die häufig nur punktuell zum Shopping nach Zürich fahren. Das Transitaufkommen am Flughafen Zürich ist extrem hoch: In den nächsten Jahren werden pro Jahr rund 30 Millionen Fluggäste von A nach B bewegt. Dies bei einer jährlichen Wachstumsrate von vier Prozenten. Unglaublich.
Wird die Architektur von Yamamoto-san zum berühmten Zünglein an der Waage für den Erfolgt des «The Circle», weil seine Erscheinungsform so eigenwillig, fast eine skulpturale Botschaft ist? Hat The «The Circle» die Eigenschaften, eine echte Ikone zu werden? Eine, zu welcher man selbst ohne bestimmte Absicht hinpilgert?
«The Circle» ist für mich ein Solitär, der sich harmonisch anschmiegt an eine bestehende Hügellandschaft. Die Fassaden, getragen von Betonstützen, die mit Paneelen aus Aluminium eingekleidet sind. Durch das Alu-Silber und die damit verbundene Wieder- Spiegelung der Umgebung entsteht wunderbar pittoresker Anblick. Sie müssen sich «The Circle» als ein Dorf vorstellen, warum nicht als das Niederdorf im Westentaschenformat: mit all seinen Winkeln, Gassen und Plätzen. Über einigen Gassen und Passagen liegen Glasdächer als Schutz vor den Kapriolen des Wetters. Darunter sind Läden und Restaurants angesiedelt, die ihre Fassade nach eigenem Gusto gestalten können.
Wie muss man sich die Jelmoli-Fassade vorstellen?
Oh, da haben Sie mich auf dem falschen Fuss erwischt. Denn hier schweigt des Sängers Höflichkeit. Für den Moment nur so viel: Sie wird ein wahrhaftiger Hingucker.
Was ist das eigentliche Statement von Yamamoto-san? Denn mit jeder äusseren Formgebung macht der Architekt, die Architektur ein städtebauliches Statement, und verkündet eine Message an die Öffentlichkeit. Was will er uns mit «The Circle» sagen?
Ich habe bei ihm in einem Interview der NZZ folgende Erklärung gefunden, die ich sinngemäss zitiere: «Räume und Zwischenräume, die ich mir ausdenke, sollen den Betrachter überraschen und inspirieren. «The Circle» soll einen kosmopolitischen Charme verströmen, und das in einem architektonischen Ensemble, das Menschen aus der ganzen Welt zusammenbringt. Mir schwebt eine Art «creative city» vor, das Heranbilden eines reinen Konsumtempels steht nicht in meiner Absicht. Durch die gewollte Dichte soll Geborgenheit entstehen und parallel mit ihr eine Aufenthaltsqualität, die spürbar wird.
Mit welchen Erwartungen gehen Sie mit Jelmoli in den Norden von Zürich?
Mit hohen. Wie war das da mit dem «…über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein….»? Das passt doch zum Flugbetrieb. Nun, die Erwartung ist, notabene, auch immer das Kind freier Gedanken; meine sind zumindest sehr hoffnungsvoll, ein Traum vielleicht. Ein wenig träumen darf man doch, nicht wahr?
Klar. So gesehen hat Victor Hugo das letzte Wort: «Der Traum ist unerlässlich, wenn man die Zukunft gestalten will.»