Am Abend des 24. Oktober wehte ein Hauch Milaneser Modeflair durch den Ballsaal des Dolder Grand Hotels, als wäre man an der Fashion Week. Zwar waren weder Bianca Gubser noch Manuela Frei vor Ort, aber der Zuschauer merkte, dass er Zeuge von etwas Bedeutendem war: dem Beginn einer neuen Modegeschichte.

Alessandro Figliolis erste Kollektion Lei ist eine Hommage an die Frau, genauer an seine Mutter. Wenn er von ihr spricht, schwingt viel Stolz und Bewunderung in seiner Stimme mit. Eine wunderbare Frau sei sie, mutig und selbstbewusst, eine unbändige Neugier in sich tragend, aufgrund der sie sich bereits in jungen Jahren oft auf Reisen begab. Es scheint, als habe sie ihrem Sohn die gleichen Qualitäten mit auf den Weg gegeben: Alessandro Figlioli hat sich bereits im Alter von 32 Jahren selbstständig gemacht, und das im grossen Stil – all in! Er hat ein herrliches Nähatelier mit einem geschmackvoll eingerichteten Showroom gleich am Paradeplatz eröffnet, arbeitet mit exklusiven Stoffen und grossen Visionen. Er würde gern rasch international an Bekanntheit gewinnen, wenn Monica Bellucci seine Kreationen einmal tragen würde, wäre das ein Highlight. Es ist jedoch keine Spur von Hochmut rauszuhören, als der junge Modedesigner von seinen Zukunftswünschen spricht, man merkt lediglich: Alessandro Figlioli liebt und lebt Mode. Er scheint mit der Gründung des Labels Figlioli seine Bestimmung gefunden zu haben. Wenn man ein bisschen nachbohrt, bestätigt sich der erste Eindruck. Dem Fashiondesigner lag die Mode schon früh am Herzen. Bereits in der Grundschule ging er mit dem schicken Hemdchen in die Schule, während die anderen Kinder herzlich wenig Wert auf ihre Outfits legten. Er sammelte Modemagazine, entwickelte ein Feingefühl für verschiedene Stile und Trends und zeichnete schon bald seine eigenen Kreationen. Schnell war dem Umfeld klar, das junge Talent sollte eine Schneiderlehre machen. Gesagt. Getan. Mit rund 20 Jahren wagte Alessandro Figlioli bereits den ersten Versuch in die Selbstständigkeit, mit einem kleinen Atelier in Baden. Der Versuch scheiterte, dem Jungunternehmer fehlte es an Erfahrung, welche er anschliessend während einer langjährigen Anstellung beim bekannten Schweizer Modehaus Akris nachholte. Doch wie Coco Chanel bereits wusste: «Es sind nicht die Erfolge, aus denen man lernt, sondern die Fiaskos.» Jetzt fühlt sich Alessandro Figlioli bereit für den grossen Durchbruch. Ebendiese französische Modeikone war es übrigens auch, von der er sich zu seinem einzigartigen Konzept inspirieren liess: Coco Chanels Modeschauen fanden jeweils unten in ihren Headquarters statt; die Looks der Models waren je mit einer Nummer versehen, die sich die Zuschauerinnen bei Interesse notieren konnten. Im oberen Stock wurden die gewünschten Kleider sogleich nachgenäht _ auf Mass natürlich und auf Verlangen auch mit anderen Stoffen oder Farbkombinationen. Dieser «Salon-Effekt», die Nähe zu den Kundinnen, das Einkaufserlebnis, das weit über das unpersönliche Shopping «von der Stange» hinausgeht, soll mit dem Label Figlioli zu neuem Leben erweckt werden.

Das ist dem begabten Modedesigner wahrlich gelungen und man darf gespannt sein, was er in Zukunft noch auf den Catwalk bringt. Vielleicht eine schicke Kollektion für den Mann, die den Namen «Lui» trägt? Wieso nicht, findet Alessandro Figlioli. Die einzige Konstante seien die drei parallelen Striche, also Säulen, die im Logo vorkommen und die er in jede Kollektion einbringen möchte. Die Säulen stehen für die drei Generationen der Frauen, von denen er seine Inspiration schöpft: Seine Grossmutter aus Sizilien, die selbst schon auf ihrer Nähmaschine für die ganze Familie Kleider herstellte; seine äusserst modebewusste Mutter, die ihn mit ihrem Kleidungsstil zu der eleganten Kollektion angeregt hat, und seine Schwester, die ihn stets begleitet und ihn bei seinem neu gegründeten Label tatkräftig unterstützt. Zum Schluss noch eine letzte Frage: Wenn Alessandro Figlioli einmal Modegeschichte geschrieben hat, welches Zitat von ihm wird eines Tages berühmt? «Ich entwerfe keine Mode, sondern lasse mich von den Frauen zu meinen Kreationen inspirieren.» Und man glaubt es ihm.

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