Seit mehr als 35 Jahren sind Marianne und Geri Walde unterwegs, dem Haus den Hof zu machen. Wir wollten von ihnen wissen, was sie am Business mit Immobilien immer wieder aufs Neue fasziniert.


Frank Joss: Wir schreiben das Jahr 1985. In Zürich tobt auf dem Platzspitz der Drogenrausch. Aufs Kunsthaus wird ein Brandanschlag verübt. Viele Kunstwerke bedeutender Künstler werden dabei vernichtet. Und in der grossen weiten Welt entdecken zwei französische Forscher vor der Küste Neufundlands, in 4000 Meter Tiefe, das Wrack der Titanic. Welche Stücke der Erinnerung finden Geri und Marianne Walde, wenn sie auf das Jahr 1985 zurückblicken, also 35 Jahre retour, als ihr Immobilienunternehmen gerade gegründet worden ist?
 
Marianne Walde: Ja, es war eine lebendige Zeit, die einige Revoluzzer hervorbrachte. 1984, da waren wir knapp 30-jährig und auf Weltreise.  Das Aussergewöhnliche daran: Auf dieser Reise hat Geri zum ersten Mal meine Eltern kennengelernt – in Neuseeland. Als wir in die Schweiz zurückkamen, waren tatsächlich wüste Krawalle im Gange. Just in dieser Zeit, bot man uns die Chance, ein Unternehmen zu übernehmen, das zum Zweck hatte, Kleinstwohnungen zu vermieten. In vielen schlaflosen Nächten haben wir Pro und Contra sorgsam abgewogen. Der Bauch hat letztlich entschieden: Let’s do it. Wir glaubten, alles so nebenbei managen zu können. Denkste. Allein das Zurückstülpen der Ärmel genügte nicht. Wir gingen in den ersten Jahren durch eine harte Lebensschule. Eine, die unsere Partnerschaft stärkte und uns Zuversicht gab, weiterzumachen, an unsere Ziele zu glauben.

Eine 35-jährige, erfolgreiche Firmengeschichte – ohne Veränderungen wohl undenkbar. Was hat sich im Immobilien-Business in diesen dreieinhalb Dezennien verändert?

Geri Walde: Der Kunde ist immer mündiger, besser informiert geworden. Vor 20 Jahren
genügte ein ausgewogenes Vertrauensverhältnis zwischen uns und dem Klientel. Aber die grosse Umwälzung kam mit dem Einzug der Informationstechnologie im Büroalltag. Es war wohl auch ein gescheiter Entscheid, uns auf die Lokalmärkte zu konzentrieren.
 
Marianne Walde: Wir sind auch in einem europäischen Netzwerk dabei. Ja, es hilft, im internationalen Geschäft dabei zu sein. Man gibt sich Tipps. Schliesslich kenne wir ja in Italien die Gesetzmässigkeiten im Bereich des Immobilienmarktes nicht. Der Italiener kennt unsere nicht. Also schaffen wir uns mit der Teilnahme an einer internationalen Runde die nötigen Grundlagen für einen Fachaustausch.
 
Walde & Partner ist seit vielen Jahren am Markt für Anlageimmobilien. Welches sind die herausragendsten Zahlen des Erfolgs?
 
Geri Walde: Walde & Partner vermittelt seit über zwei Jahrzehnten erfolgreich Anlageimmobilien jeder Art, und das in der gesamten deutschsprachigen Schweiz. Das Referenzportfolio ist beeindruckend: Seit Beginn hat unser Unternehmen in diesem
Bereich über 500 Mehrfamilien- und Geschäftshäuser vermittelt.
 
Mit welchen kritischen Einflussfaktoren muss in der Post-Corona-Zeit auf dem Immobilienmarkt gerechnet werden? Gibt es im Hause Walde & Partner allenfalls Szenarien für eine alltagsfähige Zukunft?
 
Marianne Walde: Die Leute werden ein neues Wohnbewusstsein entwickeln. Die Welt hat sich, bedingt durch Covid 19, bei vielen Menschen auf den eigenen Wohnraum reduziert. «My home is my castle» gewinnt an Bedeutung. Mit dem Sich-neu-Einrichten oder ein neues Haus beziehen, machen die Leute ein Statement, permanenzfähige Lebensmodelle zu entwickeln. Auch die Negativzinsen der Banken führen Menschen dazu, in überschaubare Werte investieren zu wollen. Gut möglich, dass auch das Generationenhaus wieder en vogue wird.
 
Geri Walde: Marianne, ich stimme dir zu. Man will sich verändern, aufbrechen zu neuen Ufern und tragende Werte fürs Leben schaffen. Wortwörtlich: bauen.
  
Im kommenden Sommer wird Walde & Partner ein neues Bürogebäude beziehen. Was sind die Erwartungen und wie muss man sich das neue «Gewand» von Walde & Partner vorstellen? Gibt es schon einen Namen für den Ort, für die Idee des Businessmodells, das man da betreiben will?
 
Geri Walde: Wir bleiben in Zollikon. Mit dem neuen Hauptsitz an der Zollikerstrasse 65 schlagen wir ein neues Kapitel in der Firmenchronik auf. Unter einem Dach vereinen wir nicht nur das Verkaufsteam Zollikon, alle Supportservices sowie die Bereiche Neubau und Anlageimmobilien. Verkürzte Kommunikationswege, Synergien und ein inspiriertes Miteinander können wir da auch mit branchenverwandten Firmen leben, die sich in diesem Immobilien-Kompetenzzentrum einmieten. So werden wir mit gereckter Brust und flammendem Herz in eine neue Ära steigen, um unsere Kunden lustvoll mit dem All-in-Service zu begeistern.
 
Und wer füllt und beseelt den Habitus für Immobilienkompetenz?
 
Geri Walde: Wir sind voll dran. Wir werden 70 Arbeitsplätze haben und suchen 15 bis 20 Firmen, die aus ganz unterschiedlichen Branchen kommen und mithelfen werden, den Immobilienmarkt ein bisschen aufzumischen – neu zu denken. Start-up-Unternehmen werden hier ganz bestimmt ihren Platz finden, kleineren und grösseren Ideen nachzugehen. Auch die Co-Working Spaces sind bei der Neuausrichtung ein bedeutendes Thema. Die Handhabe ist unbürokratisch. Wir bieten einen All-in-one-Service. Im Vertrag wird pro Mieter ein einziger Frankenbetrag stehen. Die beiden Hauptgebäude lassen uns viel Raum für die Inszenierung unterschiedlicher Möglichkeiten. Da wird nicht nur eine Mensa einziehen. Es stehen auch verschieden grosse Räume für Meetings zur Verfügung. Am Ende des Tages werden hier rund 120 Personen der Arbeit nachgehen. Die frühen Abendstunden sind reserviert für das Feierabendbier, bei dem man die Pläne und Idee anderer näher anschauen kann; getragen von der Absicht, eine beschauliche Plattform für Business-to-Business zu bilden. Die grösste Herausforderung besteht darin, den richtigen Unternehmensmix zu finden.  
 
Wenn ich Ihnen so zuhöre, spüre ich Ihre ungezähmte Lust, auch zu improvisieren, um dabei ein hybrides System zu entwickeln. Hybrid meint aus Gegensätzlichem eine neue Produktivkraft zu schöpfen. Wo siedelt Walde & Partner das Hybride an?
 
Geri und Marianne Walde (unisono): Wir beide werden das Hybride verkörpern. Wir wollen dem Prozess eine Chance geben.
 
Verdichten ist das grosse Vokabular unter den Städteplanern. Doch wie? Hier scheint in Zürich der Weisheit letzter Schluss noch nicht gefunden zu sein.
 
Geri Walde: Verdichten. Verdichten. Verdichten. Dreimal habe ich mir das notiert. Ja,
in Zürich müsste man ja dazu in die Höhe gehen, auf Bestehendes aufstocken. Das ist aber ein Ding der Unmöglichkeit. Wenn nur schon zwei Geschosse der bestehenden Gebäude passabel sind, hat die Stadtplanung kein Musikgehör für Veränderungen. Nehmen Sie Wien: Die erhöhen sogar klassizistische Bauten und machen damit ihre Stadt lebendiger, attraktiver.
 
Marianne Walde: In Zürich West böten sich doch enorm viele Möglichkeiten des Verdichtens. Allein rund um dem Mobimo Tower gibt’s Potenzial, um mit einer klugen, ästhetischen Bauweise eine grosse Geste der Architektur zu erreichen. Mit einer mutigeren Architektur würde Zürich langsam aufsteigen in den erlauchten Kreise der metropolitanen Städte. Diese Chance hat man ja nun wohl verpasst.
 
Ich zitiere den amerikanischen Künstler Julian Schnabel anlässlich eines Interviews in der «Zeit»: «Hätte ich nicht  die Malerei, würde ich eines Tages vielleicht jemanden umbringen.» Oder ohne Dramatik: Wenn Sie nicht gerade «Immobilie» denken, welche Dinge sind es, die Sie im Leben antreiben und immer wieder inspirieren, um neugierig zu bleiben?
 
Geri Walde: Ich würde mich nicht umbringen. Wo bleibt denn da die Kreativität, frage ich mich.
 
Marianne Walde: Ich habe ein weites Spektrum an Möglichkeiten. Ich könnte auch Blumenbinderin sein oder mich noch intensiver im sozialen Bereich engagieren. Am nächsten liegt mir aber schon, aus dem Wohnen etwas mehr zu machen als einfach den Raum mit Objekten zu füllen. Dabei stehen mir viele Quellen zur Seite. Da gibt es die Mailänder Galeristin, Nina Yashar von Nilufar, die mich mit ihrer schier grenzenlosen Fantasie immer in ihren Bann zieht. Bei ihr möchte ich gerne, quasi wie in einem Stage, Zeit verbringen, um zu entdecken, wie es ihr gelingt, die schönsten, einmaligsten Objekte ausfindig zu machen. Dann interessiert mich natürlich so einiges, was in der Kunst passiert.

Zurück zur eigentlichen Frage: Was treibt Sie an?

Geri Walde: Die Freude mit anderen teilen zu können, wenn wir ein Objekt gefunden haben, das sich fugenlos in die Idee einpasst, wie sie wohnen möchten. Menschen glücklich zu machen, das ist die vornehmste Aufgabe, die wir haben. Das, was mich Tag für Tag auch ein feines Stück vorantreibt, sind die Familie, meine Freunde und die Maremma – unser persönlicher Sehnsuchtsort. Positives Denken findet nicht auf dem Papier statt.
 
Marianne Walde: Jedes Haus hat eine Seele. Es tut mir gut, diese jeden Tag mit Bedacht und Sorgfalt, mit viel Herz in die Hand nehmen zu dürfen, um sie zu behutsam zu pflegen. Ein Haus ist wie ein Mensch: Schenkt man ihm keine Bedeutung, verkümmert er.
 
Szenenwechsel. Gibt es beim Hauskauf Dinge, auf die man achten sollte oder Todsünden, die man am besten vermeidet?
 
Marianne Walde: Das Haus muss «Ja» zu Ihnen sagen und Sie zu ihm. Das vielgeschmähte Bauchgefühl hat halt immer noch seine absolute Berechtigung.
 
Geri Walde: Ja, ja, recht hast du Marianne. Aber es gibt da noch eine alte Faustregel, die immer noch ihre Gültigkeit hat. Man erstelle eine Checkliste mit 10 Must-have-Punkten. Dann in kurzer Zeit ganz viele Häuser anschauen gehen. Mögliches und Unmögliches. Dann die Checkliste abgleichen. Da, wo sieben Kriterien erfüllt werden, ist man nahe dran, sich für ein Objekt zu entscheiden. Bei acht Punkten gilt, sofort zu kaufen. Denn zehn Punkte erreicht man nie. Noch kurz ein wichtiger Hinweis zu den Todsünden beim Immobilienkauf. Angenommen, unser Angebot für ein zauberhaftes Haus liegt bei zwei Millionen. Der Kunde will aber partout zweihunderttausend weniger bezahlen – und verzichtet. Man mache die berühmte Rechnung mit dem Milchbüchlein, wenn er es kaufen würde und 20 Jahre in diesem Haus wohnt, das macht nach Adam-Riese 10’000 Franken im Jahr. Quintessenz, der Zeithorizont für den Kauf einer Immobilie geht weiter als über die Nase hinaus.
 
Bleiben wir beim Zeithorizont. Ihre beiden Kinder, Claudio und Chiara, haben ihre Studienzeit abgeschlossen und könnten so nach und nach ins elterliche Geschäft nachrücken, um es dann in einigen Jahren in zweiter Generation zu übernehmen. Traum oder Wirklichkeit?
 
Marianne Walde: Claudio hat ja das Maschinenbau-Studium sowie den Master in MTEC an der ETH abgeschlossen und arbeitet nun seit kurzer Zeit in unserem Unternehmen mit. Zur Horizonterweiterung war vorgesehen, dass er für ein bis zwei Jahre nach New York geht zu John Lassalle Real Estate. Corona hat ihm da einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Aber vielleicht klappt es ja in einigen Monaten. Nach New York kann er sich dann frei entscheiden, wohin ihn sein Weg in die Zukunft führen soll. Auch Chiara macht sich Gedanken darüber, bei Walde & Partner die Familientradition weiterzuführen. Mal schauen, was die nähere Zukunft bringt.
 
Und wenn das Nachfolgemodell ein Traum bleibt?
 
Marianne Walde: Dann geht ja die Welt auch nicht unter. Und wir, Geri und ich, sind noch kein bisschen müde, unsere Welt immer wieder ein wenig neu zu erfinden. Wir wollen weiter neugierig durchs Leben gehen.
 
Für welche Weltpersönlichkeit möchten Sie gerne ein geeignetes Haus suchen?
 
Geri Walde: Ich würde gerne für Sophia Loren einen Alterssitz suchen. Weil sie mir gut gefällt; als Mensch wie als Schauspielerin. Sie ist ein grosse Frau.
 
Marianne Walde: Bei mir wär’s der japanische Architekt Tadao Ando. Für ihn würde ich mich gerne auf die Spur machen, um ein Grundstück zu finden, damit er sein eigenes Haus bauen kann – irgendwo in einer unberührten Landschaft am Wasser. 
 
Wenn Sie, Marianne und Geri Walde, eine Musik wären, welche?
 
Marianne Walde: Eindeutig Soul. Ein Stück von Ray Charles.

Geri Walde. Eine Oper von Verdi mit Cecilia Bartoli in der Hauptrolle.
 
Welcher Titel würde eine gemeinsame Autobiographie haben?
 
Geri und Marianne Walde (gemeinsam): «Unheimlich spannende Zeit». Oder «Gegensätze ziehen sich an».

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