
Von aussen wirkt der Raum in Einsiedeln fast unscheinbar. Doch beim Betreten merkt man schnell, dass hier Kunstwerke erschaffen werden. Kunstwerke, die später in einem Garten oder auf einer Terrasse ihren Platz finden. Soeben wird die Verkleidung für eine Aussensauna gefertigt. Abdichtungen, Schreiner- und Metallbauarbeiten, Treppen müssen versetzt werden. «Wir sind mehr als ein klassischer Landschaftsarchitekt», sagt Rolf von Burg und erläutert: «Wir kümmern uns um die Planung, Architektur, Bauleitung, fertigen aber auch Produkte in unserem eigenen Atelier.» Rolf von Burg ist Handwerker, Landschaftsarchitekt, Designer und Künstler – alles in einem. Wer seinen Garten in eine Oase des Wohlfühlens verwandeln möchte, individuell, kunstvoll und qualitativ auf höchstem Niveau, der ist bei ihm richtig. «Wirklich innovativ ist nur, wer dorthin geht, wo andere nicht sind.» Das sagt Rolf von Burg. Und er lebt es. Denn jeder neue Garten von ihm soll noch besser werden als der letzte. Er ist ein Perfektionist und sehr selbstkritisch. Das treibt ihn an, stets besser zu werden: «Ich will immer wieder einen obendrauf setzen, das Maximum aus all meinen Erfahrungen rausholen.» Das immer Gleiche zu planen, wäre ein Stillstand. Und stillstehen will er nicht. «Kreativität ist nichts anderes, als eine ausgefahrene Strasse zu verlassen, um neue Wege zu suchen.»
Ein paar Stunden später und fast 200 Kilometer von Einsiedeln entfernt lässt Rolf von Burg seinen Blick über den Bodensee schweifen. Er steht im Garten einer grossen Villa, ein Neubau, nur etwa 50 Meter vom See entfernt. Einer seiner neuesten Aufträge und Herausforderungen, eine von derzeit 15 Baustellen. Nicht nur für die Gartengestaltung und Bepflanzung ist er hier verantwortlich, sondern auch für den Bau einer Pergola sowie einer Aussenküche. Allein für die Umgebung ist rund eine Million Franken budgetiert. Davon mehr als 200’000 Franken für Pflanzen. «Die Bepflanzung ist das A und O eines Gartens, ohne Bepflanzung funktioniert es nicht», sagt er und führt durch das grüne Paradies, das gesäumt ist von grossen Ahornbäumen, unzähligen Staudenpflanzen, die abwechselnd übers ganze Jahr blühen, und vielen Rhododendronbüschen. Der Rhododendron gehört denn auch zu seinen Lieblingspflanzen. «Er holt das Maximum aus einer Pflanze heraus. Das Farbspektrum der Blüten ist einzigartig und als immergrüner Strauch lässt er sich sehr gut schneiden und vielseitig einsetzen», schwärmt von Burg. Und mit jedem seiner Worte betont er, dass seine Arbeit viel mehr für ihn ist als nur ein Beruf. Auch nach 40 Jahren bleibt es für ihn eine Passion. «Geht nicht» gibt’s für ihn nicht, denn: «Inmitten der Schwierigkeit liegt die Möglichkeit.»
Rolf von Burg im Gespräch über seinen Garten Eden und weshalb der Kunde bei ihm
nicht immer König ist:
Rolf von Burg, ist ein Garten jemals fertig?
Nein, denn erst durch die Entwicklung in den Jahren nach Gestaltung und Bau kann der Garten sein volles Potenzial entfalten. Ein Garten ist nie eine abgeschlossene Geschichte.
Was ist Ihr Markenzeichen? Wenn man einen Garten von Rolf von Burg sieht, woran erkennt man ihn als solchen?
Wir machen grundsätzlich sehr moderne Gärten. Sie sind aufgeräumt, pflegeleicht, stylisch und mit ganz viel Grün. Der Anteil an Pflanzen ist in unseren Gärten sehr hoch, weil unsere Klienten viel Zeit in ihrem Garten verbringen. In 99 Prozent unserer Projekte gibt es auch einen Pool. Dem kommt eine grössere Bedeutung zu als nur Planschen und Baden, er sorgt für gestalterische Effekte. Es gibt nichts Schöneres als Wasser, in dem sich die Abenddämmerung spiegelt.
Was sind die aktuellen Trends im Gartenbereich?
Biodiversität und Nachhaltigkeit, der Umgang mit unseren Ressourcen. Wie kann man Energie gewinnen im Garten? Auch wir beschäftigen uns damit. Zum Beispiel arbeiten wir mit Plattenbelägen, die wie Solarpanels wirken, mit denen man Strom für die Beleuchtung, die Aussenküche oder die Bewässerung gewinnt. Auch Regenwassernutzung ist immer wieder ein grosses Thema.
Welche Herausforderungen stellen sich bei der Gestaltung eines Gartens?
Das Hauptproblem ist, wenn er falsch liegt. Also wenn wir auf der Nordseite eines Hauses einen Sonnensitzplatz gestalten sollen. Den Sonnenstand und die Lage des Grundstücks können wir nicht verändern oder beeinflussen. Wir können vieles, aber zaubern können wir nicht.
Welchen Stellenwert hat heute der Garten bei Herrn und Frau Schweizer?
Einen relativ hohen. Ein Haus verkauft sich einfacher, wenn es einen schönen Garten hat. Ein Drittel des Haus-Investments wird heute für den Garten aufgewendet. Die Pandemie hat sicherlich dazu beigetragen. Viele haben gemerkt, dass es zu Hause genauso schön sein kann wie auf den Malediven – mit dem richtigen Garten.
Ihr persönlicher Tipp für Hobbygärtner, die ihren Garten verschönern möchten?
Das Wichtigste am Garten ist, dass das Raumverständnis und die Raumgestaltung miteinander funktionieren. Ich staune, wie oft dies nicht der Fall ist. Ein Garten braucht klare Strukturen und es gilt «weniger ist mehr».
Was war der speziellste Garten, den Sie je gestaltet haben?
Der eindrücklichste Garten, den wir gestalten durften, liegt in Basel. Die Vorgabe lautete: Der Garten muss perfekt sein. Nicht nur von der Gestaltung her, sondern auch in der Ausführung. Die ganze Gestaltung haben wir auf ein Plattenformat ausgerichtet, aber so, dass wir die Platten nicht zuschneiden mussten. Ein hoch detaillierter Garten, kein Millimeter Abweichung. Eine neue Definition von Perfektion.
Ist der Kunde immer König, oder gibt es für Sie als Gartenarchitekt und Designer auch No-Gos?
Der Kunde ist nicht immer König. Da gibt es klare Grenzen. Damit wir einen Auftrag annehmen, muss eines dieser drei Kriterien erfüllt sein: Der Charakter des Kunden muss zu uns passen, das Projekt muss eine Herausforderung für uns sein und, natürlich, der finanzielle Aspekt muss stimmen. Der Charakter ist wichtig, weil man eng und oft auch länger miteinander arbeitet. Erst letzthin habe ich ein Projekt über 1,6 Millionen Franken abgesagt, weil es einfach nicht gepasst hat. Wir haben das Glück, dass wir uns unsere Aufträge aussuchen können.
Das Wetter spielt in letzter Zeit immer öfter verrückt. Der Winter beginnt zu spät, der Frühling zu früh und überall liest man von Hitzewellen. Wie beeinflusst das Ihre Arbeit?
Gerade in diesem Jahr beeinflusst das Wetter unsere Arbeit sehr stark. Dass der Frühling drei Wochen früher einsetzte als sonst, brachte uns zum Teil in Nöte. Im Frühjahr holen wir die schönsten Bäume für unsere Projekte aus Baumschulen in ganz Europa. In unserem Aussenlager mit eigener Baumschule werden sie zwischengelagert, bis sie zum Einsatz kommen. Mit diesem Vorgehen sind wir einzigartig. Dieses Jahr war das sehr hektisch, weil die Vegetation viel zu früh war. Wir haben es mit viel Einsatz knapp geschafft. Auch kämpfen wir mit Klimabäumen, also Bäumen, die dem Klima nicht mehr standhalten und zum Beispiel von Pilz befallen werden. Mit den Wetterkapriolen wird unsere Arbeit zunehmend schwieriger.
Wie würde Ihr Garten Eden aussehen?
Ich habe meinen Traumgarten bereits. Wobei für mich nicht der Garten entscheidend ist, sondern die Lage. Ich brauche Berge um mich und schöne Landschaften mit Weitblick. Genau so, wie ich es habe. Ich könnte mir nicht vorstellen, im Flachland zu leben.
Wenn Sie eine Pflanze wären, welche wäre das?
Ganz klar ein Ahornbaum. Mit seiner filigranen und charakterstarken Art in allen Lebensphasen. Im Winter ohne Laub, im Frühling mit sattem Grünaustrieb, im Herbst mit rotgoldener Färbung. Der Ahorn ist abwechslungsreich, einzigartig und zudem formbar, was ihm einen noch stärkeren Charakter verleiht.
Die amerikanische Dichterin Emily Dickinson schrieb: Blüten und Bücher, die grossen Seelentröster. Welche Blüte und welches Buch trösten Sie?
Es gibt Tausende von schönen Blüten, die trösten können. Der Rhododendron ist aber wohl der grösste Seelentröster mit seiner einzigartigen Farbenpracht. Ich bin überhaupt kein Buchleser. Wenn ich lese, dann Fachliteratur. Aber wenn ich mal eine freie Minute habe, setze ich mich gerne hin und geniesse einen feinen Whisky aus meiner Sammlung.
Eine Persönlichkeit, die Sie besonders inspiriert …?
Der amerikanische Gitarrist, Sänger und Songwriter Joe Bonamassa, einer der weltweit grossartigsten Gitarristen, ist ein Vorbild für mich. Seine Perfektion erreicht ein anderes Level. Wann immer er in Europa auftritt, bin ich dabei. Und ich bewundere meine Familie, meine Partnerin und meine beiden Töchter. Eine von ihnen wurde eben erst Mutter und ich somit Grossvater, was eine grosse Freude ist. Ich bewundere meine andere Tochter, mit welcher Leichtigkeit sie durchs Leben geht. Und grosse Bewunderung habe ich für Tiere, die mir zutiefst am Herzen liegen und zu denen ich schon immer einen speziellen Draht hatte. Sie sind die ehrlichsten Wesen überhaupt. Sie würden dich nie anlügen oder hintergehen. Von ihnen könnten wir Menschen noch viel lernen.