Geschichte
Stil ist die Kunst, sichtbar zu sein, ohne zu blenden
– Zum 40-jährigen Bestehen des Zürcher Bahnhofstrasse Magazine
Zürich, das Chamäleon unter den Metropolen – diskret und glänzend zugleich. Eine Stadt, die sich nicht aufdrängt, sondern sich in feinen Nuancen erzählt. Zwischen Finanzmacht und Wasserspiegel, zwischen globalem Denken und lokaler Verwurzelung schlägt hier ein Puls, der niemals stillsteht – aber selten laut wird. Seit 1987 begleitet das Zürcher Bahnhofstrasse Magazine diesen Rhythmus. Wir lauschten den Zwischentönen, schauten dorthin, wo das Sichtbare auf das Bedeutende trifft. Wir waren Teil dieses Tanzes – mal mit, mal gegen den Takt. Und nie ohne Haltung. In vierzig Jahren hat sich die Welt mehrfach gedreht – und mit ihr die Perspektive. 1987: Faxgeräte und Schulterpolster, analoge Welt mit Zukunftsmusik. 2001: Erschütterung, als die Türme fielen und mit ihnen ein Glaube an Unverwundbarkeit. 2020: Leere Strassen, volle Bildschirme. Und heute? Eine Zeit im Dauerzittern – zwischen geopolitischem Flirren und ökologischer Erschöpfung.
Zürich? Beobachtet – und bleibt doch eigensinnig. Einst Drogenszene, heute Zukunftslabor. Die Stadt hat sich erneuert, nicht ohne Widersprüche. Zürich-West: vom Industrieviertel zur Ideenschmiede. Kalkbreite und Genossenschaftsideen als Utopien im Realbetrieb. Das Kunsthaus mit neuer Flanke, das Filmfestival mit internationaler Strahlkraft. Eine Stadt, die nicht schreit – aber gehört wird. Auch unser Magazin hat Häutungen durchlebt: Vom A4-Format zur grosszügigen B4-Bühne, von Fotostrecken mit Yoko Ono, Mads Mikkelsen, Til Schweiger, Anna Maier, Erwin Olaf, Santiago Calatrava, Max Küng bis zu leisen Porträts, die mehr andeuten als erzählen. Was geblieben ist: der Blick fürs Wesentliche.
Technologie? Früher Wählscheibe, heute Sprachassistent. Die Schreibmaschine ist ein nostalgisches Möbelstück, KI unser alltäglicher Schatten. Und die Popkultur? Flimmert nicht mehr im CD-Regal, sondern tanzt flüchtig durch TikTok-Filter. Alles schneller, alles verfügbar. Aber auch alles bedeutsamer? Wir sagen: nicht zwingend. Und deshalb bleiben wir da. Als gedruckter Kontrapunkt zum digitalen Rauschen. Als Plattform für das Feinsinnige, das Fragende, das Relevante. Wir glauben an das Schöne, das nicht schreit. An das Wahre, das nicht erklärt werden muss.
Denn: Wer, wenn nicht wir, sollte Zürich immer wieder neu erzählen?
«Die Zeit verwandelt uns nicht, sie entfaltet uns nur.»
– Max Frisch, Stiller